Betrieblicher Standpunkt zu den Aussagen des Bürgermeisters
im Artikel vom Freien Wort am 13. Juni 2001

 

 

Das Eingeständnis des Bürgermeisters Sauerteig, wonach die Probleme schon ca. sechs Jahre ungeklärt im Raum stehen, gibt zu denken.

Seine Erklärungen für diese eigentlich skandalöse Situation sind z. T. falsch, widersprüchlich und nehmen mehr und mehr den Charakter von Schutzbehauptungen an.

 

Beispiel 1

 

Sowohl die Gemeinde als auch alle Behördenvertreter haben sich für die Erhaltung des Betriebes am Standort Meng. - Häm. ausgesprochen, wobei diese jedoch in der Vergangenheit voraussetzen, dass die Auflagen des St. UA Suhl (Sanierungsziel Mischgebiet!) einzuhalten sind.

Alle bisherigen Forderungen der Gemeinde, der Umwelt- und Baubehörde dienten der Erreichung dieses „Sanierungszieles“ und bewegten sich in einem Bereich von 35 bis 45 dB (A) d. h. der Betrieb sollte die Bedingung eines Erholungs- bis Mischgebietes in seinem unmittelbaren Umfeld erfüllen.

Die Unternehmensleitung war gezwungen, gegen solche Festlegungen gerichtlich vorzugehen, weil diese unverhältnismäßig und nicht finanzierbar sind. Keine dieser Auflagen ist bis zum heutigen Tag von den zuständigen Behörden revidiert worden. Man wartet auf die Entscheidungen des Gerichts.

 

Die Erklärung vom Dez. 2000, dass nunmehr vom Unternehmen die Einhaltung von ca. 50 dB (A) an seiner Gebietsgrenze anzustreben sei, sollte im Rahmen eines öffentlich rechtlichen Vertrages festgeschrieben werden. Wieweit diese Gebietsgrenze reicht, in der bis 50 dB (A) gelten, ist jedoch bis heute noch nicht bestimmt worden, was Aufgabe der Umweltbehörde und Gemeinde ist.

Selbst dieser Kompromiss ist für einen dreischichtig arbeitenden Industriebetrieb nur erfüllbar, wenn die sich daraus ergebenden Auflagen und Betriebsbeschränkungen technologisch und finanziell verkraftbar sind.

 

Beispiel 2

 

"Wegen überzogener und unannehmbarer Forderungen der Geschäftsführung konnte die vertragliche Regelung nicht zu Stande kommen."

 

Anlässlich der ersten Zusammenkunft der Arbeitsgruppe, welche das Konzept eines öffentlich-rechtlichen Vertrages erarbeiten sollte, wurde zu Beginn seitens der Vertreter des Landratsamtes mitgeteilt, dass zwischenzeitlich eine Petition von 38 Anwohner beim Thüringer Landtag eingereicht wurde, in welcher schärferes behördliches Vorgehen gegen den Betrieb gefordert wurde.

Nähere Einzelheiten konnten nicht mitgeteilt werden, weil man angeblich nichts Näheres wusste. Damit war die Verhandlungsmöglichkeit der Behördenvertreter faktisch neutralisiert.

 

Der in den Arbeitskreis delegierte Vertreter der Bürgerinitiative war mit seinem Rechtsanwalt erschienen, der seinerseits alte Maximalforderungen (mindestens 45 dB(A) an der Grundstückgrenze seines Mandanten) stellte. Auskünfte zum Inhalt der Petition wurden nicht gegeben, obwohl diese vermutlich unter Mitwirkung des anwesenden Rechtsanwaltes verfasst, aber mit Sicherheit vom anwesenden Vertreter der Bürgerinitiative unterschrieben wurde.

 

Die Einhaltung von 45 dB (A) an der Grundstückgrenze konnte seitens der Geschäftsführung nicht zugesichert werden und stand im Widerspruch zur Absprache vom 06.12.2000.

Der Rechtsanwalt des Vertreters der Bürgerinitiative lenkte daraufhin ein und war bereit, für seinen Mandanten die 50 dB (A) an der Grundstücksgrenze jedoch nicht am Fenster von dessen Wohnhaus, wie es lt. TA-Lärm vorgeschrieben ist, zu akzeptieren.

 

Da er kein Mandat der übrigen Mitglieder habe, könne er jedoch diesen Kompromiss nur für seinen Mandanten anbieten.

 

Da die Forderungen der Vertreter der Bürgerinitiative von den Zusagen am 06.12.2000 abgewichen sind und deren Vertreter faktisch kein Verhandlungsmandat hatten sowie die Vertreter des Landratsamtes und der Gemeinde infolge der Petition verunsichert waren, sah man keine Möglichkeit mehr, ein von allen Seiten akzeptierbares Konzept für einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zu erstellen. Die Vertreter des LRA wollten die Entscheidung des Petitionsausschusses abwarten.

 

Beispiel 3

 

Da die Anfang Dezember signalisierte Kompromisslösung nicht mehr erkennbar war, wurde am Ende der Beratung ein von betrieblicher Seite erstellter Entwurf eines öffentlich-rechtlichen Vertrages übergeben, bei dem allerdings von einer Verlagerung des Betriebes ausgegangen wurde.

Eine solche Betriebsverlagerung wird auch im Tourismuskonzept der Gemeinde als Lösung vorhandener Probleme genannt. Dort steht: „Langfristig sollten störende und emittierende Betriebe aus dem Innerortsbereich ausgegliedert und in das neue (Gewerbe-) Gebiet übersiedelt werden.“

Im neuen Gewerbegebiet von Meng. - Häm. ist jedoch ein Furnierwerk nicht zulässig – dieses kann, wenn es schon verlagert würde, nur in ein Industriegebiet umgesiedelt werden.

 

Aus Sicht der Unternehmensleitung musste demzufolge eingeschätzt werden, dass nur eine Betriebsverlagerung in ein Industriegebiet den Forderungen der Anwohner, den Planungen und Zielen der Gemeinde sowie den Vorstellungen der Behördenvertreter gerecht werden kann.

 

Die Entrüstung des Bürgermeisters über einen solchen Vorschlag ist deshalb unverständlich.

Mit dieser soll vermutlich von den seitens der Gemeinde und Behörden verursachten Problemen abgelenkt werden. Das passt zu der jahrelangen Verzögerung von klärenden Entscheidungen.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass auf Seiten der Anwohner und der Behörden keine echte Kompromissbereitschaft vorhanden ist, dass diese vermutlich auf den bevorstehenden Konkurs des Betriebes warten, weil sie damit ohne Entschädigung ans Ziel ihrer Wünsche kommen.

 

Beispiel 4

 

Von der im betrieblichen Entwurf genannten Möglichkeit, einer Kostenbeteiligung der Anwohner an der Betriebsverlagerung, mögen diese nichts hören. Wie das im Kommentar des Bürgermeister Sauerteig deutlich wird, wird ein solcher Hinweis genutzt, um die Anwohner gegen den Betrieb aufzubringen.

Es ist durchaus logisch, dass jemand, der eine Verbesserung seiner Wohnqualitäten erhält, auch an den Kosten dafür beteiligt werden kann und sollte. Das würde dazu beitragen, dass unangemessene Forderungen und Wünsche sich auf einem realistischen Niveau einpegeln werden.

 

Anwohner möchten jedoch Verbesserungen zum Nulltarif. Kommunalpolitiker verteilen gern Wohltaten, für die jedoch andere zahlen sollen.

 

Durch die jahrelange Entwicklungsblockade ist das Furnierwerk mittlerweile wirtschaftlich ausgeblutet, was in der heutigen Zeit relativ schnell zum Konkurs eines Unternehmens führt.

Es muss eingeschätzt werden, dass die Belegschaft und die Firmenleitung der offensichtlich beabsichtigten Vernichtung des Unternehmens relativ lange widerstanden hat und dafür Lohn- und Einkommensnachteile in Kauf genommen hat.

 

Im Dezember hat die Bank den Kredit der Firma gekündigt, weil infolge der Strukturänderung der Gemeinde und dem Herabzonen des Betriebsstandortes (macht diesen wertlos!) keine Sicherheiten mehr für die ausgereichten Kredite vorhanden sind und weil durch die Entwicklungsblockade die Anpassung an marktwirtschaftliche Veränderungen verhindert wurde, was zu Effektivitätsverlusten geführt hat. Letzteres gefährdet den Kapitaldienst (Zinsen und Tilgung) der ausgereichten Kredite.

Hierüber wurden die vom Herrn Sauerteig aufgezählten Behördenvertreter im Dezember informiert. Diese haben die Sache nicht ernst genommen und geglaubt, dass sie mit ihren Spielchen von Tatsachenverdrehungen und Täuschung der Öffentlichkeit weitermachen und Schadensersatzforderungen umgehen können. Bislang hat das auch funktioniert.

 

Beispiel 5

 

Der Artikel mit den Äußerungen des Bürgermeisters enthält folgende Passage: „Weder bei der vorbereitenden Bauleitplanung (Flächennutzungsplan) noch in Planungsgebieten im Umfeld des Betriebes wurden Planungsfehler begangen, noch sollen – wie der Gemeinde unterstellt wird – solche vertuscht werden.“

 

Das ehemals geplante Wohngebiet „An der Schwarzwälder Straße“ (unmittelbares Umfeld zum Furnierwerk) war so planungsfehlerhaft, das auch die Genehmigungsbehörde dies ablehnen musste. Auch der zweite Versuch des Bürgermeisters diese Planung als Mischgebiet durchzusetzen scheiterte wiederum. Trotzdem wurden während des Planungsstadiums mehrere Wohnhäuser errichtet, wo nachweislich die standardmäßigen Wohnbedingungen nicht garantiert sind!

Diese Falschplanungen haben der Gemeinde erhebliche unnötige Kosten verursacht, was bei geordneten Verhältnissen nicht passiert wäre.

 

Im Einmündungsbereich von Industriestraße zur Schwarzwälder Straße (ca. 20 m von der Einfahrt zum Furnierwerk entfernt!) wurde erst ein 6 Familien-Wohnhaus geplant. Trotz Kenntnis der Gemeinde von der problematischen Gemengelage und weiter ungeklärter Standortbedingungen ist der Bau begonnen worden. Damit wurde eine weitere Verschärfung der bestehenden Gemengelage bewirkt. Heute wird an dieser Stelle eine rein gewerbliche Nutzung (Druckerei) errichtet, wobei aber die Standortbedingungen immer noch nicht geklärt sind!

 

Nach den letzten Schall-Gutachten ist auch bei dem neuen Wohngebiet „Am Mühlberg“ nicht an allen Bauplätzen im Umfeld des Furnierwerks die standardmäßigen Wohnbedingungen abgesichert. Bei den Planungen ist man offenbar von der Einstellung der industriellen Nutzung als Furnierwerk ausgegangen und hat sich dem vom Projektanten vorgesehenen 10 m Lärmschutzwall gespart. Vordergründig hat man den Schienenverkehr berücksichtigt, aber die Existenz eines „störenden“ Industriebetriebes evtl. nur noch als Zeitfrage gesehen.

 

Im neuen Flächennutzungsplan wird ein ehemaliger Gewerbestandort zum Mischgebiet herabgezont. Dabei handelt es sich um den Standort der ehem. Papierwarenfabrik, zuletzt Firma König und Klausner. Mit diesem neuen Mischgebiet, was unmittelbar neben einer Industrienutzung geplant ist, wird sich die Standort-Situation für das Furnierwerk weiter verschärfen.

 

 

Beispiel 6

 

Herr Sauerteig gibt in seiner Pressemitteilung sinngemäß zu, dass die Aufstellung eines Baubauungsplanes unbezahlbare Entschädigungsforderungen für die Kommune nach sich ziehen würde, wenn der Betrieb gezwungen wird, die in der TA-Lärm festgelegten Emissionsgrenzwerte einzuhalten. Damit dürfte er z.T. recht haben. Entschädigungen muss derjenige zahlen, der Schäden z.B. in Form von Wertverlusten an Immobilien verursacht. Die bisherigen Planungen der Gemeinde führen zu solchen Wertverlusten auf Seiten eines Industriebetriebes, hingegen zu Werterhöhungen auf der Anwohnerseite.

 

Wenn sich die Kommune und die Behörden an Recht und Gesetz halten würden, dann müssten diese weder vor der Aufstellung eines Bebauungsplanes noch vor einer anderweitigen Bereinigung und Ordnung einer kritischen Gemengelage Angst haben. Sie müssten jedoch diejenigen entschädigen, welche Nachteile aus der von ihr angestrebten Strukturänderung haben.

 

Die Aussage, dass die Aufstellung eines Bebauungsplanes für den Industriebetrieb Nachteile mit sich bringen kann, ist eine Schutzbehauptung. Klare Verhältnisse können für einen Betrieb und auch für die Anwohner nicht nachteilig sein. Wenn jedoch mit dem neuen Bebauungsplan Veränderungen beabsichtigt sind, dann kann sich für einen Industriebetrieb daraus ein Nachteil ergeben, der jedoch entschädigungspflichtig ist. Letzteres will die Kommune jedoch nicht.

 

Die Angst vor einem Bebauungsplan, der sogar von Experten des Bau- und Verwaltungsrechtes zur Lösung in einer kritischen Gemengelage empfohlen wird, resultiert daraus, dass nach dessen Aufstellung Behördenfehler deutlich werden, die wahren Absichten offengelegt werden müssen und damit eine bessere rechtliche Möglichkeit einer Schadensersatzklage gegeben ist.

Bei ungeklärten Standortbedingungen haben Behörden einen größeren Ermessensspielraum und laufen weniger Gefahr, für Fehler schadensersatzpflichtig zu werden.

 

Nach § 1 Abs. 3 BauGB hat die Gemeinde eine Pflicht zur Ordnung, insbesondere dann, wenn sie selbst mit Änderungen in bestehende Rechtsverhältnisse (Bestandsschutz) eingreift. Seitens der Kommunalaufsicht des Landratsamtes müsste die Kommune zu einer ordnenden Bauleitplanung angehalten werden. Das ist bisher versäumt worden. Damit wird auch die übereinstimmende  Argumentation der Gemeinde, des LRA und Behördenvertreter erklärlich. Sie sitzen im selben Boot und müssen sich wegen ihrer Versäumnisse und Fehler in der Vergangenheit gegenseitig decken.

 

Wegen dieser ungeordneten Situation kommt es zu Spannungen zwischen Anwohnern und Betrieb, was letztlich beide Seiten veranlasst hat, den Petitionsausschuss des Thüringer Landtages anzurufen. Jeder verfolgt natürlich mit seiner Beschwerde eigene Ziele, die z.T. gegenläufig sind.

 

Nach den bisherigen Erfahrungen wird der vom Bürgermeister angekündigte nochmalige Lösungsversuch wiederum einige Zeit erfordern und evtl. zu spät kommen, denn die bereits erfolgte Kreditkündigung und der wirtschaftliche Niedergang des Unternehmens bietet keinen großen Spielraum mehr zur Rettung des Unternehmens und der Arbeitsplätze.

 

Sollte man ernsthaft daran interessiert sein, dann muss schnell gehandelt werden, dann muss der Schaden aus der ca. 6-jährigen  Entwicklungsblockade ausgeglichen werden.

 

 

 

Uwe Sperschneider                                                      Mengersgereuth-Hämmern, den 14.6.2001

Dipl.- Ing. Holz- und Faserwerkstofftechnik

Hermann Sperschneider KG

Furnier und Lagenholz